Wir gehen dahin, wo die Menschen sind: Was ein Sozialraum leisten kann

Bericht im Hindenburger Gesundheitsmagazin Medizin und Co, 2. Quartal 2025
Text: Angelika König, Reha-Verein
In der Vergangenheit – bis zur deutschen Psychiatriereform zu Beginn der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts- erfolgte die Behandlung und Versorgung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen fast ausschließlich in psychiatrischen Kliniken, häufig verbunden mit langdauernden, manchmal lebenslangen Aufenthalten oder dem berüchtigten „Drehtüreffekt.“ Eines der zentralen Anliegen der sich damals entwickelnden Gemeindepsychiatrie war es, Psychiatrie in den Lebensalltag zu bringen und damit dorthin, wo psychische Probleme entstehen. Mit der Ambulantisierung psychiatrischer Hilfen und Behandlungen rückte die Sicht auf den Lebens- und Sozialraum der Patientinnen und Patienten stärker in den Vordergrund.
Was waren und sind die leitenden Ideen?
- Ressourcenorientierung:
Jeder Mensch hat Ressourcen, niemand ist „nur krank“. Diese Ressourcen liegen im Menschen selbst, in seiner unmittelbaren Umgebung und seinem familiären Umfeld. Darüber hinaus bieten aber auch das „Viertel“, die Wohnumgebung, der Stadtteil Ressourcen und Möglichkeiten. Gelingt es, diese für die persönlichen Bedürfnisse zu erforschen und zu aktivieren, vielleicht auch in bekannten Bezügen Neues zu entdecken, dann führt das zu einem verbesserten Selbstwertgefühl, zu höherer Lebensqualität und Zufriedenheit und ermöglicht in der Regel den Verbleib im gewohnten Umfeld auch mit psychischer Erkrankung.
- Zusammenarbeit im Sozialraum und Schaffung zielgruppenübergreifender Angebote:
In jedem Sozialraum gibt es verschiedenste öffentliche und private Angebote, die für gemeinsame, aber auch für individuelle Aktivitäten genutzt werden können.
In der Regel stehen sie allen Interessierten offen, das gilt auch für Angebote, welche die sozialpsychiatrischen Teams vor Ort anbieten. Ideen und Anregungen aus der Bürgerschaft werden dabei gerne aufgegriffen und umgesetzt. Aus der neuen Vernetzung entstehen neue Ressourcen, die allen Menschen im Sozialraum zugutekommen, außerdem erwächst daraus ein vertieftes Verständnis für psychische Erkrankungen und für die Betroffenen ein Weg aus der (leider immer noch bestehenden) Stigmatisierung.
- Regionale Versorgungsnetzwerke:
In jeder Region gibt es eine Vielzahl von Hilfsangeboten. Manchmal überschneiden sich diese, manche wissen nicht von den anderen und manchmal entstehen auch Konkurrenzen.
Ein Zusammenschluss der Anbieter zu einem gemeindepsychiatrischen Netzwerk bündelt die Angebote und identifiziert evtl. fehlende, schafft mehr Transparenz und ermöglicht vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Entwicklung von Neuem.
Sozialräumliche Arbeit im Reha-Verein
"Wir gehen dahin, wo die Menschen sind." Mit diesem Motto gründete der Reha-Verein im Jahr 2019 seine sozialräumlichen Teams in der Stadt Mönchengladbach. In fünf Sozialräumen gibt es je ein Team, das aus unterschiedlichen Fachleuten besteht. Vor Ort wird zu den vielfältigen individuellen Unterstützungsangeboten des Reha-Vereins beraten. Diese Beratung steht allen Interessierten offen und ist kostenfrei. Außerdem gibt es offene Treffs und vielfältige Veranstaltungen und Aktivitäten wie z.B. gemeinsames Frühstück, Sport und Fitness, Kreativangebote, gemeinsames Singen und Musizieren, aber auch z. B. ein monatlicher Repair-Treff, der im Sozialraumteam West von Bürgerinnen und Bürgern aus Rheindahlen gerne besucht wird.